Man lebt nicht von Prozenten, sondern von Franken: Die Lohnschere ist grösser als oft wahrgenommen

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Blog Daniel Lampart

Die Wirtschaftsberichterstattung erfolgt in der Regel in Prozenten. Im Alltag der Leute zählen hingegen die absoluten Beträge in Franken. Das ist eigentlich eine viel zu wenig beachtete Tatsache. In Franken betrachtet, ist die Lohnschere denn auch noch eklatanter. Doch zuerst ein kleiner Rückblick.

Viele Berufstätige mit tieferen Löhnen waren besonders von der Corona-Krise betroffen. Sie arbeiten im Gastgewerbe, in der Kulturbranche, in den persönlichen Dienstleistungen und im Detailhandel. Diese Branchen führten oft Kurzarbeit ein, was für die Betroffenen in vielen Fällen zu Einkommensausfällen führten. Wir Gewerkschaften haben während der Krise immer wieder auf diese Probleme aufmerksam gemacht.

Mittlerweile gibt es offizielle Lohnstatistiken bis ins Jahr 2020 – dem ersten Corona-Jahr. Die Lohnstrukturerhebung des BFS zeigt ein besorgniserregendes Bild. Die tiefen Löhne kamen zwischen 2016 bis 2020 real kaum vom Fleck. Die Löhne der untersten 10 Prozent stiegen nur um bescheidene 0.5 Prozent. Absolut betrachtet sind das rund 20 Franken mehr pro Monat. Bei den mittleren Löhnen ist die Lage nicht viel besser. Sie legten real um 1.4 Prozent oder um 90 Franken zu. Ganz anders war die Entwicklung hingegen ganz am oberen Ende der Lohnverteilung. Die hohen Lohnklassen und die «Top-Manager» zahlten sich Gehaltserhöhungen aus, als hätte es keine «Abzocker-Kritik» gegeben. Real stiegen die Saläre der «Top-Manager» um 10.9 Prozent. Das entspricht einer Lohnerhöhung von über 2'200 Franken pro Monat. Oder rund hundert Mal mehr als bei den Geringverdienerinnen und Geringverdienern!

Diese Entwicklung ist inakzeptabel und verlangt schnelle Gegenmassnahmen. In der Lohnrunde 2022/23 braucht es den Teuerungsausgleich und Reallohnerhöhungen für alle. Gleichzeitig müssen die Mindestlöhne deutlich angehoben werden. Unmittelbares Ziel sind mindestens 4000 Franken x 13. Gleichzeitig wird sich der SGB gegen die Steuersenkungen für die Vermögenden und Topverdiener einsetzen. Die nächste Volksabstimmung ist bereits am 25. September, wo die Verrechnungssteuer für Obligationen abgeschafft werden soll. Bei einem Nein zu dieser Ungerechtigkeit wird das Bundesparlament hoffentlich begreifen, dass die Schweiz eine Wende in der Einkommenspolitik braucht. Damit die Berufstätigen mit tieferen Löhnen endlich wieder mehr Geld zum Leben haben.

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Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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